Montag, 2. Januar 2006:  Auf dem 'Berg der Götter' ...
 
Um fünf werde ich unsanft geweckt. Das Hotel ist hellhörig und die Leute aus dem Nachbarzimmer werkeln so laut im Bad, dass man meinen könnte, sie befänden sich in meinem Zimmer. Offenbar handelt es sich um Asiaten, denn da wird nach Herzenslust gerülpst und gespuckt - alles Verhaltensweisen, die in weiten Teilen Asiens verbreitet sind und nicht als anstößig gelten. Beim Frühstück setzt sich ein Pärchen aus Ungarn an meinen Tisch, und wir unterhalten uns prächtig, so dass ich fast die Zeit vergesse und mein Fahrer voller Ungeduld 15 Minuten auf mich warten muss. Die Fahrt zum Mount Popa geht flott voran, wenn auch nicht in einer Stunde, wie ich schon vermutet hatte! Die Straße ist für burmesische Verhältnisse gut, was bedeutet, dass sie durchgehend asphaltiert ist und die Schlaglöcher nicht allzu groß und tief sind. Es gibt so gut wie keinen Verkehr. Die meisten Menschen gehen zu Fuß oder fahren mit dem Rad. Von Zeit zu Zeit begegnet man einem altersschwachen Bus oder einem der zum 'Taxi' umfunktionierten LKWs, auf denen die Leute wie Vieh zusammengepfercht sind. Dies sind die typischen Transportmittel des öffentlichen Verkehrs in Myanmar.
    
Die Landschaft ist grün und abwechslungsreich. besonders interessant sind die Ortsdurchfahrten. Allerdings liegen viele Dörfer nicht unmittelbar an der Landstraße und werden von ihr allenfalls tangiert. Unterwegs sieht man kleine Gehöfte, wo Kühe primitive Ölmühlen antreiben, in denen Erdnüsse gemahlen werden. Außerdem wird 'Toddy', der süße Palmsaft gewonnen, wozu die Bauern leiterähnliche Gebilde an den Palmstämmen befestigt haben, an denen sie behende bis in die Baumkronen klettern, wo sie die Palmen anritzen und Sammelgefäße aufhängen, in die der Saft dann tropft. Dieser Saft wird später zum Teil eingedickt und der so gewonnene Zucker kandiert und zu Süßkram verarbeitet. Ein Teil des Saftes wird aber auch vergoren und anschließend mithilfe einer vorsintflutlich anmutenden Destillationsapparatur zu Palmschnaps verarbeitet. Der enthält immerhin soviel Alkohol, dass er sich leicht entzünden lässt. In einem Gehöft, an dem der Fahrer unaufgefordert anhält (Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!), schaue ich mir das genauer an, verzichte jedoch dankend auf die Schnapsprobe, da ich davon ausgehe, dass das Destillat Fuselöle enthält, die später Kopfschmerzen auslösen. Auch die anderen Palmsaftprodukte können mich nicht wirklich überzeugen, und so machen wir uns wieder auf den Weg, ohne dass es zu einem Geschäft gekommen wäre, sehr zum Leidwesen des Fahrers, der sich bereits gemütlich niedergelassen und sich eine Tasse Tee eingeschenkt hatte.
    
Urplötzlich taucht dann der Mount Popa hinter einer Kurve auf. Wie ein Zahnstumpf erhebt er sich aus der Ebene und erinnert mich ein  wenig an den Felsen von Sigiriya auf Sri Lanka. Am Fuße des Felsens gibt es einen kleinen Ort, der offensichtlich von den Pilgerscharen profitiert, ohne jedoch dabei allzu touristisch zu sein. Von hier aus beginnt man auch den Aufstieg, der auf zum Teil steilen Treppen etwa eine gute halbe Stunde dauert. Der Aufgang wird von ganzen Affenherden bevölkert, und ihr lautes Treiben auf dem Wellblechdach ist quasi die Begleitmusik während des Aufstiegs. Sie sind auch gar nicht scheu, sondern nähern sich unbefangen und sind zum Teil ziemlich frech. Das kommt offenbar daher, weil viele Pilger ihnen etwas zu essen geben. Ich bin besonders vorsichtig, weil ich in Indien bereits einschlägige Erfahrungen mit Affen gemacht habe, als mir einmal einer die Brille vom Kopf riss und damit durchbrannte.
   
Oben angekommen, ist die Aussicht phantastisch. Es ist nicht viel los. Außer ein paar Neurussen, die wie üblich durch ihr unmögliches Benehmen auffallen, sind da noch eine Italienerin mittleren Alters, die, Schritt für Schritt von zwei zarten Burmesinnen gestützt, den Weg bis zum Gipfel hochgeschleppt worden ist, und ihr Mann, der sich an der Aktion in keiner Weise beteiligt hat, sondern seiner Frau flotten Schrittes vorausgeeilt ist.
   
In Salay, der nächsten Station meines Ausflugs, kennt sich der Fahrer offenbar nicht aus. Jedenfalls bleibt er einfach auf der Hauptstraße stehen und bedeutet mir, die Sehenswürdigkeiten des Ortes seien alle von dort aus gut zu Fuß zu erreichen. Da ich jetzt keine Lust auf eine Diskussion habe und er mich ohnehin nicht verstehen würde, mache ich mich auf den Weg. Es stellt sich schnell heraus, dass dies eine kluge Entscheidung ist, denn so kann ich abseits der Straßen über schmale Wege laufen und sehe viel von dem, was dem Auto fahrenden Reisenden verborgen bliebe. Salay ist hochinteressant, ein Ensemble aus Tempeln, kleinen Klöstern und Kolonialbauten. Dazwischen immer wieder die bescheidenen Holzhäuser der Einheimischen. Bei meinem Rundgang treffe ich keine Touristen. Es gibt auch keine 'fliegenden Händler' oder anderes windiges Gesindel, und die Kinder sind unbefangen und freundlich - eine wahre Wohltat nach den Verhältnissen in Bagan. So wird der Spaziergang denn auch zu einer äußerst vergnüglichen Angelegenheit, und ich bin innerlich schon wieder mit meinem Fahrer versöhnt, als ich nach etwa 2 Stunden wieder zum Auto zurückkehre.
   
Die Rückfahrt nach Bagan verläuft zügig. Auf der 'guten' Straße lässt der Fahrer dann plötzlich eine 'Rennfahrernatur' erkennen. Als wir nach 'rasanter' Fahrt um 16.30 Uhr das Hotel erreichen, wird mir auch klar, warum. Dort steht nämlich schon eine komplette Familie mit ihrem Gepäck 'auf heißen Kohlen' und wartet auf ihn, um zum Flughafen gebracht zu werden. Da hat er aber mächtig Glück gehabt, dass ich unterwegs auf der Rückfahrt nicht noch den einen oder anderen Zwischenstopp eingelegt habe ...
    
Der Abend verläuft wie gewohnt. Als ich zum Abendessen in eines der Lokale an der Landstraße gehe, treffe ich den älteren Herrn wieder, den ich bereits tags zuvor in einem anderen Restaurant beobachtet hatte. Er wirkt erneut leicht angetrunken, was auch kein Wunder ist, denn vor ihm auf dem Tisch steht eine ganze 'Batterie' leer getrunkener Bierflaschen. Er scheint allerdings eine Auseinandersetzung mit dem Kellner gehabt zu haben, denn kurz nach meinem Eintreffen erhebt er sich laut schimpfend und macht sich aus dem Staub. Ein bedauernswerter Mann ...
  
Im Hotel lese ich noch ein paar Seiten, schreibe einige Zeilen und versuche dann zu schlafen, da ich am nächsten Tag früh aufstehen muss, um die Maschine nach Yangon zu erreichen.
   

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